Thomas Rottenberg
Kunst, die das Heer verstört
Das Verteidigungs- Ministerium entfernt ein Stück Auftragskunst.
Wien – Anderswo schwören Militärs auf Grün, in Österreich ist Schönbrunnergelb die Farbe der Wahl. Zumindest dort, wo das Verteidigungsministerium Gäste unterbringt: Das Gebäude hat blassgelb zu sein. Da darf Kunst nicht stören. So sieht das jedenfalls der Künstler Herwig Steiner. Denn das von ihm an der Fassade installierte Kunstwerk ist nicht gelb: Sobald es dunkel wird, wird das sechs mal elf Meter große „Fassadengroßleuchtbild“ diesem Begriff gerecht – und leuchtet. Grün. Kräftig. Deshalb muss das „Sophokles, Ödipus, Naso meet Münchhausen“ genannte Werk weg. Heute, Mittwoch, sollte es in der Früh entfernt werden. „Ein Skandal“, schnaubt Steiner – einer, der aus dem Büro des Verteidigungsministers komme. „Das hat man mir so vermittelt.“ Noch im September sei alles bestens gewesen: Der zuständige Beamte begutachtete und „war begeistert. Wir waren sogar noch Schnitzel essen“. Doch am nächsten Tag war die vor der Fassade schwebende Leuchtfläche „untragbar“, weil „anders als im Entwurf“. Steiner: „Vieles wurde mündlich besprochen – und ich habe den Fehler gemacht, nicht alles aufzuschreiben.“ Der für den Wohnbau zuständige Ministerialrat des Verteidigungsministeriums, Walter Sottolarz, weist diesen Vorwurf wie die gemutmaßten ministerlichen Interventionen zurück: „Es gab viele Entwürfe, aber Steiner hat etwas völlig anderes gemacht, als ausgemacht war. In einer Galerie kaufe ich ja auch das Werk, das mir gefällt.“ Steiners Aufregung versteht er nicht. Schließlich werde das ungeliebte grüne Werk ersetzt. Durch einen anderen echten Herwig Steiner.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 11. 2001)
Thomas Rottenberg, Kunst, die das Heer verstört, in: Der Standard, 28. November 2001