Die Nürnberger Gesetze aus 1935 – Totalitäre rassistische Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus in Paragraphen gegossen
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Während des Nürnberger Parteitages der NSDAP am 15. September 1935 erließ der nur mehr als Scheinparlament tätige Reichstag drei Gesetze, wobei das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ das Ziel hatten, deutschen Staatsbürgerinnen und Bürgern jüdischer Herkunft alle politischen Rechte zu nehmen.
Damit sollten überdies die bereits nach 1933 begonnenen antisemitischen Pogrome und Verfolgungen und die Beraubung und Vertreibung von Juden und Jüdinnen gerechtfertigt werden. Diesen Pseudogesetzen folgten bis Juli 1943 weitere Folgeverordnungen, die u.a. eine biologistisch-rassistische Definition der Zuschreibung als Jude und Jüdin lieferten und teilweise jüdische Abstammung als Halb-, Viertel- oder Dreivierteljude stigmatisierten.
Das NS-Regime versuchte mit allen Mitteln, ihr offensichtliches Terrorregime durch ein positivistisches Rechtskonstrukt eines Unrechtsstaates zu tarnen, obwohl die parlamentarische Demokratie längst aufgehört hatte, zu funktionieren.
Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen“ vom 10. Dezember 1948 ist daher der Versuch, derartige menschenfeindliche Maßnahmen in Gesetzesform in der Zukunft zu verhindern, da spätestens nach der Zerschlagung der NS-Terrorherrschaft der internationalen Öffentlichkeit bewusst wurde, dass die systematische Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen, aber auch in weiterer Folge von Roma und Romnja, Sinti und Sintizze und anderen stigmatisierten Gruppen der Beginn des unfassbaren Wegs in die Shoa gewesen waren.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb 15.1.2024