Textausschnitt: Herwig Steiner (1956L), Kunst der Attrappe, 2019  |  07

extract / Herwig Steiner (1956L), Kunst der Attrappe, 2019  |  07

Negative forms, such as those that sculptors make from their models, are transferred conceptually through language.
Compositions of entrapments (Attrappen), that confusing notion that so-called “deceptive objects” and their stagings, that is, “non-artworks,” which can appear as artworks, are constructible (have been constructed).
(For if something such as artworks exist, then the idea would be that there must also be their negation, and indeed, not only in the sense of the ordinary environments from which they set themselves apart. Instead, it must be conceivable that, from its first outer appearance, something represents an artwork, however, does not possess its essential properties, or, as in the example of a rough, unfinished sketch, perhaps does not yet possess them. The “shells,” referring to historical formations, that are thus produced, their sequences and art-historical descriptions, are therefore not those that can determine an artwork. On the other hand: Is everything that applies to art actually so banal as many claim, and art thereby merely a product of marketing, of social coding? If so, then there would actually be no possibility of creating an Attrappe (entrapment / simulacrum). Then everything could be declared as art, without regard to properties. And the banality of medial as well as institutional emphases and that of a commodity function would be predominant, pivotal as the defining moment of capitalist society.)
“Perfidiousness” and “ignorance” function as artistic material, from which productions are formed; working on the means of “entrapment” via means of deception, thus, an intensified form. Not one where deception and allowing oneself to be deceived flow together to a tepid consensus. The latter is, as is well known, a basic function of the fine arts as well as performing arts, an aspect of every form of depicting, of mimesis, and thus has a part in every expression, which always hints associatively. The field is committed to the similar, to the approach, the imagining, and runs contrary to our habit of ascertaining.
“We thereby speak of a change of focus (away) from the constructions of an artistic subject (towards) those of an audience {3}, the artistic attention now orients itself on the beholder’s perception activities.

The latter determined the appropriate framing according to their own understanding, the status of their reflexivity, to give the advantage to either a reconstruction of their expectations (such as standing before a scene), or a conceptual dismantling of the Attrappe (entrapment / simulacrum). In this way, the stagings occupied a social practice (the role of the beholders).”
Arising from this were theatrical moments between “shadow play” and reality. Participants presented their certainties. Art became “like collecting precious views.”

English interpretation / Charlotte Eckler / Lisa Rosenblatt / Herwig Steiner (1956L) / 2021

Negativformungen, wie jene, die Bildhauer von ihren Modellen nehmen, sprachlich gedanklich transferieren.
Kompositionen der Attrappen, jene irritierende Vorstellung, sogenannte „Täuschungsobjekte“ und deren Inszenierungen, also „Nicht-Kunstwerke“, die als Kunstwerke auftreten können, wären konstruierbar, (sind konstruiert worden).
(Wenn es so etwas wie Kunstwerke gibt, dann muss es auch, so die Erwägung, ihre Negation geben, und zwar nicht nur im Sinne ihrer gewöhnlichen Umgebungen, wovon sie sich abheben. Sondern es muss auch etwas vorstellbar sein, dass zwar den ersten äußeren Anschein eines Kunstwerks repräsentiert, seine essenziellen Eigenschaften jedoch nicht besitzt, oder wie bei dem Beispiel einer noch rohen, unfertigen Skizze, möglicherweise noch nicht besitzt. Die daraus hervorgehenden „Hülsen“, nehmen Bezug auf historische Ausbildungen, deren Abfolgen und kunsthistorischen Beschreibungen, sind somit nicht jenes, das ein Kunstwerk bestimmen kann. Andererseits aber, ist alles Kunstbetreffende tatsächlich so banal, wie viele behaupten, und Kunst wäre nur Marketingprodukt, soziale Kodierung? Dann gebe es tatsächlich keine Möglichkeit einer Attrappenbildung. Dann kann alles zur Kunst erklärt werden, ohne Ansehen von Eigenschaften. Und die Banalität medialer wie institutioneller Hervorhebungen und die einer Warenfunktion wäre überwiegend, als Bestimmungsmoment einer kapitalistischen Gesellschaft ausschlaggebend).
„Heimtücke“ und „Ahnungslosigkeit“ als künstlerisches Material, daraus wurden Inszenierungen gebildet. Mit Mitteln der Täuschung über das Mittel „Täuschung“ arbeiten. Eine verschärfte Form also. Nicht jene, wo täuschen und sich täuschen lassen zusammenfließen zu lauem Konsens. Letztgenannte ist bekanntlich eine Grundfunktion Bildender wie Darstellender Kunst, Aspekt jedes Abbildens, der Mimesis, und hat so Anteil an jedem Ausdruck, der doch immer assoziativ anspielt. Das Feld ist dem Ähnlichen, der Annäherung verpflichtet, dem Imaginieren und steht in Widerspruch zu unserer Gewohnheit, festzustellen.
„Damit sprechen wir von einem Wechsel der Fokussierung, (weg) von den Konstruktionen eines künstlerischen Subjekts (hin) zu jenen eines Publikums {3}, die künstlerische Aufmerksamkeit richtete sich nun auf die Bewusstseinsleistungen der Beobachter.
Letztere bestimmten über die ihr gemäße Rahmung, den Status ihrer Reflexivität, entweder einer Rekonstruktion ihrer Erwartungen, (wie vor Kulissen), den Vorzug zugeben, oder einer gedanklichen Zerlegung der Attrappe. Die Inszenierungen besetzten so eine soziale Praxis (die Rolle der Betrachter).“
Theatralische Momente zwischen „Schattenspiel“ und Wirklichkeit entstanden dabei. Teilnehmende führten ihre Gewissheiten vor. Kunst, „wie Sammeln kostbarer Ansichten“.

bearbeiteter Ausschnitt / Kunst der Attrappe / (1985-2017 © Herwig Steiner 1956L)

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