Stören. Kritik zur Kunst1 heute

(Mit Textauszügen aus: Herwig Steiner (1956L), Kunst der Attrappe, Andreas Manak (Hg.), Friedrich J. Reif-Breitwieser (Hg.), Passagen Verlag Wien, 2019)
https://www.passagen.at/gesamtverzeichnis/kunst/kunst-der-attrappe/

sowie aus: Herwig Steiner (1956L), Kunst der Attrappe 21 Videos
https://www.herwig-steiner1956l.at/kunst-der-attrappe-21-videos/01-tableau/

Welchen Spiegel Kunst verwendet ist auch für sie entscheidend. Gibt sie sich mit der Rolle einer Kulisse zufrieden, vor der Mächtige ihr Schauspiel zur wechselseitigen Bestätigung aufführen, oder zeigt sie deren Abgründe?

1 Ware
Die Geschichte kennt Phasen, in denen Ideen eine Gesellschaft vollends ergreifen. Konkurrierende Leitbilder sind dann eliminiert oder zumindest soweit unterdrückt und verdrängt, dass sie von der Dominanz der vorherrschenden Prinzipien weitreichend verformt werden. Diese Erzählungen dienen dann nicht nur als Macht- und Steuerungsträger; sie dringen so tief ins kollektive Bewusstsein, dass sie als unhinterfragbare Wirklichkeitsmanifestationen die Betroffenen umschließen.

In der weltpolitischen Auseinandersetzung unserer Zeit ist Freiheit ein zentraler Begriff gesellschaftlicher Identifikation und Abgrenzung. Aber was genau ist darunter zu verstehen? Von wessen Freiheit sprechen wir? Freie Bürger? Freier Markt! Gehört Freiheit der Kunst noch zu den Mythen der Gegenwart? Wer könnte dies bestätigen?

Die radikale Ökonomisierung erfasst bekanntlich alle Lebensbereiche und gibt den Handlungsrahmen vor. „Außerhalb kapitalistischer Skalen erfahren alle Wertbestimmungen Abstieg und Löschung. Viele [Menschen sind vom Profitgedanken] in einem als religiös zu bezeichnenden Sinne ergriffen.“2a Für sie gibt es keinen anderen Zugang zur Welt. Marktmechanismen und Markenbewusstsein dominieren.

„Dieses der Kunst Wesensfremde, […] wird als gesellschaftliche Bewertung von außen ihr aufgepresst, drängt ihr Eigentliches in den Hintergrund.“2b „Der Kult des Austauschbaren, des Mehrwerts [und der Ware] ist eingewurzelt.“3a Der Begriff „Kunst“ ist nur mehr eine Marke. „Sie dient, ungeachtet tatsächlicher Beschaffenheit der Werke im einzelnen, als Status- und Spekulationsobjekt. Deshalb befinden sich an vielen Orten der Kunst auch Dekorstücke von hohem Warenwert, […]“3b wo Zweifel bestehen, ob sie den Anforderungen genügen.

Wie alles, sind auch die Orte der Kunst selbst wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Besucherzahlen, Sponsoring beeinflussen die Ausstellungsprogramme. Dies vor allem, die affirmative Befriedigung breiter Konsumentenerwartung, steht im Mittelpunkt. Daher ist „Anything goes“5 eher ein Trugbild als eines der Freiheit. Denn dort ist Kunst […] „direkt abgeleitet von Deutung und Zuspruch der Marktteilnehmer.“4 Wer erwartet sich tatsächlich, dass Kunst sich aus der Perspektive des Konsums erschließt?

„Zweifler haben die Fremdbestimmung ihrer Situation, ihrer Gedanken im Blick, gleichzeitig träumen sie von Authentischem. Das grundsätzliche Misstrauen gegen sich und andere strengt an. Was also, wenn Übereinstimmung mit dem Gegenüber als absichtlich manipulative Technik zu erkennen wäre?
Ein Werk begeistert. Wer dem Warum nachspürt, bemerkt manchmal, diese Zustimmung bedeutet nur, sich in der eigenen Phantasie und Ansicht bestärkt zu fühlen, umschmeichelt zu werden, ähnlich wie von dekorativen Gestaltungen. Missverständlich, daraus etwas, das Kunst auszeichnete, ableiten zu wollen. Wenn wir also ein Werk nicht ohne Interesse anzusehen im Stande sind, weil wir sonst einfach den Blick abwendeten, wir (so selbstverliebt) in unserer Neugier uns damit bloß selbst beleuchten, bildet dies die strategische Grundlage der Produzenten, uns zu gefallen. Zweifellos, Unterhaltung überflügelt alles. In den Polsterungen des Seichten, Unverbindlichen funktioniert das Persuasive. Ein anbiedernder Beigeschmack bleibt […]. Darauf Kunst befestigen zu wollen, sie auf [breite] Zustimmung zu gründen, hoffnungslos.“6 Völlig abhängig, ist sie „[…] Händlern gefügig, und im vulgären Endpunkt bestimmen einige Jahresfolgen von Auktionsergebnisse über sie.“7

„Der anarchische Charakter der Kunst versinkt im alles verschlingenden Gemeinplatz. […] Mit dem Geifer 8 erst einmal in Berührung, ist sie genötigt zu schwätzen, eine Entscheidung, durch die Kunst auf ihre innerste Eigenart verzichtet, um sich dem Allgemeinen anzuschließen, um die Allgemeinheit zu werden. […] Ihr ist dann gestattet, sich aufzuregen, entrüstet zu sein, „einen Charakter“ zu zeigen und sogar ein „Original“ zu sein, das heißt, die Gemeinplätze in einer noch nie dagewesenen Weise zusammenzustellen: Man lässt ihr die Freiheit, in Grenzen subjektiv zu sein. Und je subjektiver sie innerhalb dieser engen Grenzen sein wird, um so mehr wird man es ihr danken: denn sie wird hierdurch beweisen, daß das Subjektive nichts ist und daß man keine Angst davor zu haben braucht.“9

Die Waffe des Schocks ist stumpf geworden. Das Unangepasste, der Künstlerprotest hat sich in karnevalistische Ventile aufgelöst. Gesten der Auflehnung bleiben harmlos, letztendlich suchen sie doch ihr Publikum. Darüber hinaus das quantitative Übergewicht der sich allen aufdrängenden, sedierenden Medienwelt. In den Flutungen der Zeichen wirkt Kritik marginalisiert, sie wurde ins Waren- und Unterhaltungssystem eingegliedert. Ein „avanciertes Dekor in geschützten Bereichen, wo kein wirklich bedrohliches Potential sich gegenüber den gesellschaftlichen Machtverhältnissen entwickeln kann,“ […] Sie dient […] etablierten Eliten lediglich zur [eigenen] Darstellung […]. Der Vorwurf, der stabilisierenden, einer damit eher das Gegenteil ihrer Intention zu erreichenden politischen Wirkung, steht im Raum.“10

Gesellschaftlich „…ist [heute] Manipulation, Bevormundung […] kein in Spannung stehendes Äußerliches, das Widerstand provozierte. Die progressive Löschung des Individuums findet perfide und leise, abgelenkt durch seine spielerische Kalibrierung, statt. Der Grad an von uns besitzergreifender Normierungsmacht, jener unaufhaltsame Sog der Konvention, alles zu ihren Machtverhältnissen zu verändern, der Herstellung von immer mehr ihrer Selbstidentität, hat in einem fatalen Tausch für Bequemlichkeit ein Ausmaß erreicht, das von Freiheit nicht mehr als ein Trugbild zulässt.“11

2 Ideologisch
Das mächtige Beziehungsgeflecht, ich nenne es „Konvention“ (oder zeichengeführte Ordnungen), das unser Verhalten steuert, „[…] wie wir tagtäglich bemerken können, vielleicht sogar, vergleichbar mit körperlichen Abhängigkeiten, [uns] weitgehend ausmacht, stelle ich neben jene historisch gewachsenen Schöpfungen, die in ihrer hier entworfenen Freiheit aus ersterem herausragen, es überschreiten und mit „Kunst“ tituliert werden.“12

Die Wahrnehmung bildender Kunst, ihre unmittelbaren Eindrücke und ihr rückwärts gerichteter Blick durch Einspielungen von Wissen und eigenen Erfahrungen, gewährt immer nur zeitgenössische Perspektiven. „Das fokussierte Objekt [erweckt] nur Vorstellungsbilder, etwas aus dem Inneren der Interessierten. Es bleibt, auch auf seiner erzählenden Ebene, in dem Grade [unzugänglich], inwieweit es Abstand zur vom jeweiligen Publikum verinnerlichten Konvention hält. Letztere, als das zeitbedingte „Allgemeine“, sieht sich selbst, durch uns hindurch, in Anbetracht von Kunst.
Was also ist direkt erlebbar, was an Erfahrung ist aus dritter Hand, aus Bildung entnommen, also nicht selbst aus uns hervorgebracht, dieses mehrfach Abgeleitete in uns? Und wie werden die Lücken in diesem „Wissen“ so leise geschlossen, damit wir unser inneres Gleichgewicht nie verlieren? (Wer will es hören?)  Dem Ideologischen ist nicht zu entkommen.

Dieses, aus Sprache und Wertegemisch einer zeitlich–soziokulturellen Konstellation, in die wir alle geboren wurden durch die Laune des Schicksals, dieses von außen Eingetragene, bis in tiefe Schichten in uns Akkumulierte, bestimmt uns und unsere Sicht. Wir sind historische Wesen.
Schon in Vorstufen unserer Orientierung, vor der bewussten Wahrnehmung, unmerklich, in der Vorauswahl aus dem zu bewältigenden Impulsüberschuss, übt unsere Präformation ihre Herrschaft über uns aus. Strenggenommen, kann nicht zwischen Wahrnehmung und ihren Objekten unterschieden werden. Die Konstituierung von Wahrnehmungsobjekten ist schon Teil der Wahrnehmungskonstruktion, alles Reflexive ein Danach. Ironie oder analytisches Vorgehen, der Anspruch wäre naiv, wenn damit Souveränität gemeint wäre. Jenseits der Welt der Impulse, wo wäre das?“13a

Jene Bereitschaft unseres Geistes, den Impulsfluss in Deutungsfelder, in Zeichen zu ordnen, entspricht bekanntlich einem Umbildungsprozess. Dabei wird das grundsätzlich Unerreichbare ersetzt, bewusstseinsmäßig neu konstituiert, in sich vage zumeist die Auswahl der Zuordnungen aus situativer Verfügbarkeit. […]

Der Benennungsvorgang scheint, je undeutlicher die zur Einschätzung dienenden Maßstäbe sind, immer mehr zur Herrschaftserfahrung (über das zu Benennende) zu werden. All das gründet in einer merkwürdigen Mischung aus sentimentalem Verbindungswunsch und Inkorporation ins meinende Denken.

Dort, am Endpunkt der Analyse, Moment der Überforderung, manifestiert jede Kunsterfahrung unbemerkt ein Feld des Glaubens, der Anerkenntnis (als Form fehlender kritischer Selbstbeobachtung des Zuordnungswissens). Hier scheitert strukturell die Frage nach dem Erkennen – wie alle Beschreibungsmethoden – mangels Objektivierbarkeit.
Gestützt auf ihre tief in sie verwurzelte Sinnvoraussetzung angesichts Welt, jene (trügerische) Gewissheit, Identifizierbarem gegenüber zu stehen, stellen Interessierte den prinzipiell unendlichen Projektionsprozess still. Sie stabilisieren das Nichtstabilisierbare, vor allem aber sich selbst, als reproduktiven Träger gesellschaftlicher Übereinkünfte.

Das Verbinden ins Eigene übergegangener Maßstäbe und Vokabulare mit den Objekten der Sichtung aktualisiert für das ausführende Subjekt seine Teilhabe am historisch-gesellschaftlichen Formungsraum. Vergessen die Dressur, die Illusion, es handle sich um Wirken eigener Prägung, längst verinnerlicht, wird sie (im Wiedererkennen) als haltgebend erlebt.

Die selbststabilisierenden Bewusstseinsbewegungen werden ihre Wahl aus dem zur Verfügung Stehenden zum Wohle ihres Gleichgewichts treffen. Sie werden den beunruhigenden Gedanken eines Kontrollverlusts, ein Scheitern der Identifizierungen vermeiden und deshalb, leise, selbst für sie nicht spürbar, ihre Übereinstimmung mit dem Gemeinplatz bevorzugen. Das „Gefällige“, das Affirmative der produzierenden Bestrebung wendet sich in das „Selbstgefällige“ eines konsumistischen Prinzips der Selbstbedienung in der Wahrnehmung.“13b

Wie wäre eine von Widersprüchen befreite Kommunikationskritik zu formulieren?

3 Fluss der Zeit
Die „gegenwärtigen Beschleunigungen, der unüberschaubar gewordene Anstieg der Wissensproduktion wie die damit verbundene anwachsende Sicht auf unerforschte Bereiche, die „eine gesellschaftliche Haltung dauernden Aufschubs, Gedanken permanenter Revision erzwingen“, [sind wirkmächtige Veränderungen.] Die Geschwindigkeiten im Werden und Vergehen von gesellschaftlich geformtem Wissen zeigen, wie brüchig dieses Fundament der Moderne“ eigentlich ist.“15
„Zwar treten manche Phänomene temporär verstärkt auf. Dort suchen wir Halt, identifizieren uns damit, versuchen Überblick und Bedeutungsströme in Einklang zu bringen. Da könnte man dann in alter, schlechter Gewohnheit fortfahren, die eigene Position nicht berücksichtigen, die Tatsache vergessen, in welch hohem Ausmaß Wahrnehmung Resultat dessen ist, was wir als gegeben und gültig, man nannte dies früher wahr, geneigt sind anzuerkennen.“16

Diese Dynamiken legen Betrachtungen aus ideengeschichtlicher Perspektive nahe und gleich einer „Löschungserzählung“ zersetzen sie damit Gründungsbedingungen Bildender Kunst. Das Schöpferische bedarf seiner Zeitlichkeit.

„Bewusstes Arbeiten mit Inhalten, die dem Publikum vertraut sind,“ wäre dann nichts anderes als „zeitabgeleitetes Denken, sein Horizont strukturell immer schon veraltet und verfallen, ein Aufstellen von Kulissen der [gesellschaftlichen] Selbstdarstellung. Das Motiv der […] Avantgarde [in der bildenden Kunst entpuppt sich als ein] romantisches […].“17

„Das Dogma der Moderne: Der Zeit ihre Kunst…, wie es über dem Eingang der Wiener Secession geschrieben steht“18, besitzt keine Relevanz mehr. Kunst erscheint heute aus der Zeit gefallen.
Ihre Aushöhlung ist seit langem zu beobachten, bis hin zu ihrer völligen Aufgabe, wie 2022 bei der Documenta fifteen. Das Wort „Kunst“ erweist sich dann nur noch als ein „Leergut“, das mit externen austauschbaren sozialen Funktionen und Inhalten (Unterhaltung, Dekor, Spekulation, Message etc.) angereichert wird. „Kunst“, das wurde offen bekannt, bedeutet nur noch Vorwand und Bühne für diese Aktivitäten. Solche „Kommunikationshülsen“ bedürfen jedoch starker externer Bestätigung und stehen daher immer in direkter Abhängigkeit zu aktuellen Trends, wie auch zu Hierarchien und öffentlichen Instanzen, die, in Abgleich zu ihren Werten, gesellschaftliche Bedeutung zuweisen. Ein Macht- und Strategiespiel, wo das „Allgemeine“ sein ödes Fest feiert.

4 Kunst der Attrappe
„Von diesem Blickwinkel aus kann Kunst nicht mehr ihre traditionelle Verheißungsstruktur erschaffen, dieses auf Anerkenntnis Appellierende hat nun seine Glaubwürdigkeit verloren.

Anstatt einer neuen, persuasiven Strategie, – [sie] entspräche den Erwartungen – sich überraschen zu lassen, erweist es sich nun als zwingend, die Verheißungen zu negieren und zu löschen.
Auch wenn es zunächst irritierend erscheint, ist es nicht die Bestrebung, das „richtige Bezugsmaterial“ zu finden und zu bearbeiten, denn dann wäre sofort der Glaube an dessen Gültigkeit und Verfügbarkeit im Spiel. Vielmehr geht es um das schwierige Unterfangen der Ausschließung dieses Glaubens innerhalb der künstlerischen Prozesse.

Dies nun ist kein einfaches Unternehmen, bedarf weit mehr als direkter Negationsversuche des präformatorischen Horizonts.

Es ist diffizile Aufgabe der Kunst, ihre strukturellen Probleme selbst zu klären und dies in ihr gemäßer Art auszudrücken“19 [und] „es ist notwendig, sie wieder als unabhängige geistige Konzeption zu sehen.“20

Eine Weggabelung. Hier eröffnen sich Möglichkeiten.
Eine Kunst der „Entzeitlichung“.

Sie hebt ihre Eigengesetzlichkeit hervor, dabei alles andere beiseite lassend auf der Suche nach ihrem innersten eigenen Wesen. Sie fokussiert sich auf die Bedingungen ihrer gefährdeten Existenz, ihrer Unmöglichkeit im gesellschaftlichen Raum. Ihren Autonomieanspruch muss sie aus eigener Kraft beweisen. Nur so kann sie sich gegen Tendenzen gesellschaftlicher Vereinnahmung und Instrumentalisierung behaupten.

Das wäre dann ein Arbeiten an den „[…] Pattern vor dem Bild der Wahrnehmung“21; ein Visualisieren jener präformatorischen Filter und Zuordnungsmuster, die Denken und Wahrnehmung unbemerkt beeinflussen. Der konstruktive und historische Charakter unseres Sehens und Orientierens bildet die Grundlage.

„In ihrer Überfülle sedimentieren Zeichen undeutlich landschaftsähnliche Formen, gleich Ruinen der Äußerung, die, um ein Bild zu zeichnen, von der Last ihrer Überwucherung in sich zusammengestürzt erscheinen. Träte man einen Schritt zurück, wäre dies möglich, gäben sie, wie nebelverhangen, keinen klaren Blick frei. Sie täuschen ihn vor. Denn bekanntermaßen fährt, wer diese Phänomene zu analysieren versucht [Semiotik], in der kritisierten, ersetzenden und gleichsetzenden, jedenfalls defizitären Art und Weise fort.“22

Eine Zeichenkritik als künstlerisches, performatives Projekt. Jener Weg unterzieht die gesellschaftlichen Verhältnisse zur Kunst einer Prüfung.

„Kunst der Attrappe“ ist ein subversives theatralisches und vereinnahmendes Gesamtkonzept.
Seit Mitte der 1980iger Jahre steht der von mir in die bildende Kunst eingebrachte Begriff der „Attrappe“ als skeptisches Moment den traditionellen Kunstwerk–Betrachter–Beziehungen gegenüber. Der Begriff bedeutet sowohl eine künstlerische Praxis wie auch ein theoretisches Vorstellungsmodell. Weiters bezeichnet er in diesem Zusammenhang auch Objekte, die nur vorgeben, Kunstwerke zu sein.

„Den Kompositionen der Attrappen – jene irritierende Vorstellung, sogenannte „Täuschungsobjekte“ und deren Inszenierungen, also „Nicht-Kunstwerke“, die als Kunstwerke auftreten können, wären konstruierbar, (sind konstruiert worden) – wurden breite Erörterungen gewidmet.  

(Wenn es so etwas wie Kunstwerke gibt, dann muss es auch, so die Erwägung, ihre Negation geben, und zwar nicht nur im Sinne ihrer gewöhnlichen Umgebungen, wovon sie sich abheben. Sondern es muss auch etwas vorstellbar sein, dass zwar den ersten äußeren Anschein eines Kunstwerks repräsentiert, seine essenziellen Eigenschaften jedoch nicht besitzt, oder wie bei dem Beispiel einer noch rohen, unfertigen Skizze, möglicherweise noch nicht besitzt. Die daraus hervorgehenden „Hülsen“, nehmen Bezug auf historische Ausbildungen, deren Abfolgen und kunsthistorische Beschreibungen, sind somit nicht jenes, das ein Kunstwerk bestimmen kann. Andererseits aber, ist alles Kunstbetreffende tatsächlich so banal, wie viele behaupten, und Kunst wäre nur Marketingprodukt, soziale Kodierung? Dann gebe es tatsächlich keine Möglichkeit einer Attrappenbildung. Dann kann alles zur Kunst erklärt werden, ohne Ansehen von Eigenschaften. Und die Banalität medialer wie institutioneller Hervorhebungen und die einer Warenfunktion wäre überwiegend, als Bestimmungsmoment einer kapitalistischen Gesellschaft ausschlaggebend).“23

Wo also liegt das Wesen der Kunst? Hat sie tatsächlich eines? Und wo liegt ihre Freiheit? Wohl in ihrem eigenen Wesen und nicht im freien Markt oder der Affirmation zeitbezogener gesellschaftlicher Werte!

„Kunst ist eingezwängt von den vorherrschenden Ideologien, gegenwärtig kaum noch sichtbar. Die […] Begriffe, Kunst und Freiheit, stehen im Mittelpunkt. Nur dann, wenn Kunst ihr inhärente Eigenschaften besitzt, die sie als solche auszeichnen, wäre es ihr möglich, sich gegen dominierende Erzählungen einer Gesellschaft zu behaupten. Und nur dann, wenn Kunst eben nicht erst in einem sozialen Bestimmungsprozess sich gewinnt, ist die Idee ihrer Freiheit und, damit einhergehend, der Möglichkeit einer Kunstattrappe vorstellbar.

In diesem daraus sich ergebenden Spannungsfeld von Autonomieanspruch versus wertereproduzierender Erwartung setzen die im [Buch] skizzierten Inszenierungen und Rahmenwechsel ein.“24 „Eine Kunst der Attrappe exponierte jahrelang Betrachtersouveränität. Jenes Sehen, sich selbst betrachten zu lassen, zu beobachten, ob es sich dabei erkennt, ist den Attrappen gegeben.“25

„Folgt man dann der Konzeption der Attrappe, so gilt, sofern die Attrappen nicht aufgelöst wurden, eine Verkehrung traditioneller Subjekt-Objekt-Verhältnisse. Das Fachpublikum beschreibt also nicht, so wie es vermeint zu tun, Kunstobjekte, (die Attrappen figurieren lediglich als Katalysatoren), sondern es werden die konventionellen Verweisfunktionen, die abiträre Erfüllung der Erwartungen aus dem jeweilig verfügbaren Sprachvermögen abgebildet. Dieser Mangel an Selbstreflexivität ist entscheidend. Er hebt die traditionelle Betrachterposition (Metaebene) auf.“26

„Ab diesem Punkt der Kompositionsdynamik waren die Beteiligten zur Substanz der Kunst der Attrappe gehörig. Ein Verschmelzen von Kunst, Leben und Kunstbetrachtung. Während dieser Phase der Verkennung schöpfte sich Kunst mittels „ihrer Bewusstseinsbewegungen“ aus sich selbst heraus, betrachterlos.“27

„Jene dabei entstandenen textuellen „Interpretationen“ sind Spuren theatralischer Ereignisse. [Als quasi Trophäen28 verloren sie … ihren Status einer Metasprache, verwandelten sich in ästhetische Objekte.] In ihnen die Reproduzenten konventionaler Ordnung.“29

„Veduten kognitiver Aneignungen wurden damals belichtet. Die so von Autoren generierten Texte zeugen von teils großer Einfühlung, einige von herausragender Vorahnung, aber auch von ihrer immer wieder verleugneten ästhetischen Setzungsfunktion. […]

Das Gemälde der Bewusstseinsbewegungen, die dort im privilegierten Status ihrer Unabhängigkeit zu Position und Inhalt ihrer Zuordnungen 14 stehen, gewährt Einblick in die Vorstellungen Mitwirkender. Wie Sammeln kostbarer Ansichten, die Suche nach deren Gewissheit.“30

„Der Rahmen wird also gewechselt: Vermeintliche Kunstausstellungen umschließen die ahnungslosen Akteure zu Aufführungen der vorherrschenden Machtverhältnisse und der damit verbundenen Überzeugungen. Ein Schauspiel. Es stellt dar und hebt auf. Wie heißt es am Anfang: „Konvention, […] als das zeitbedingte Allgemeine, sieht sich selbst, durch uns hindurch, in Anbetracht von Kunst.“
Es ist richtig: Entweder ist etwas ein Kunstwerk oder es ist keines. Dazwischen gibt es nichts.
Trotzdem gibt es viele (übrigens nicht nur jene bewusst von mir konstruierten) Objekte, die im ersten Anschein als Kunstwerke erscheinen (wollen), jedoch näher besehen keine sind! Sind diese Ebenen so schwer vorzustellen? Jede Theateraufführung funktioniert so. Dort bestehst du auch nicht darauf, dass jede Kulisse ein autonomes Kunstwerk ist, und doch kann die Inszenierung Kunst sein!
Kunst der Attrappe erinnert alle an die Grundlagen ihrer Orientierung. Wenn im Letzten Glaube Grundlage jedes Ausdrucks ist und damit auch jener der Kunst, ganz gleich welcher Überzeugung er angehört, ist seine Opposition der Zweifel und sei es der an der Festigkeit des Kodierten. So ist die Kunst der Attrappe eine, die gänzlich aus ihrer Ausschließung geboren wurde.“31

5 Wenn es so etwas wie Kunstwerke gibt, … [ein Nachwort].
„Während die Reihe der Löschungen leicht zu zeichnen war, scheint ein ästhetisches Wesen, seine Darstellung gefährdet. So kann auch keine sprachliche Fassung davon entworfen werden, verstellte sie doch Unmessbares. Folglich nur ein loses Rekapitulieren von Erwägungen, Zielen, gedanklicher Prozesse, die dem Schöpferischen vorgelagert sind.“32

„…ob sich Momente der Unabhängigkeit eröffnen, die unvermessbar der Einverleibung in das Allgemeine sich widersetzen, wollte ich sehen.“33

„Ein Welterschaffendes, wodurch ein Kunstwerk selbst als spezifische Welt erscheint, (sie nicht bloß abbildet) und damit die heterogene Gemachtheit eines materialen Gemischs, aus dem es besteht, in den Hintergrund drängt, ergreift, wie Traumerfahrungen, […]. Dies ist die wesentliche Überschreitung zur Selbstständigkeit, ein zu sich kommen [der Kunst], die Umbildung […ihrer] Ausgangsstoffe zu einem geistigen Gegenstand. Er entzieht sich umfassender Deutung.

Die Perspektivlegung durch das involvierte Material, dessen Eigenschaften und Eigengesetzlichkeiten bestimmen selbstredend die sich daraus entwickelnde Ebene der Manifestation. Ihr unbeschreiblicher Zauber ist es, der von allen anderen Wahrnehmungsobjekten abhebt, dabei höhergradige Verlebendigung von anderen unterscheiden lässt.“34

„Zu wissen, es handele sich im Grunde um einfaches Ausgangsmaterial, welches jedoch durch seine künstlerische Bearbeitung im Stande ist, einen Überschuss an Anregungen den Beobachtern zu übermitteln, den diese nicht stillzustellen in der Lage sind, der ihrem Bewusstsein Widerstand leistet, damit wäre ein Tor der Virtualität und Unwägbarkeit aufgestoßen.“35

Jene [Impulsgeber], „[…] die von Interessierten in Zeichen umgesetzt werden, [stehen] in ökonomischer Relation zwischen ihrer Ausdruckswirkung und Eigenmaterialität. Sie reproduzieren damit auch relevante Parameter der Wahrnehmungsgrundlagen.

Dieses daraus entstandene, alles durchdringende Anwesende wäre nicht auf einzelne Material- oder Kompositionselemente rückführbar, (also nicht als eigenständiges Teil im Bildganzen isolierbar). Es findet sich in allem, was Komposition manifestiert, wieder. Die Spezifizierung ist wichtig, da das damit zitierte Lebendige ein den Bildmitteln Abzugewinnendes wäre, daher nicht motivisch zu verstehen ist, als etwas, das thematisch, zum Beispiel als „expressiv“, einer Manier gleich, dargestellt werden könnte. Als solches ist es, wie alles, das als Motiv ins Bild rücken kann, beispielsweise der Kanon klassischer Schönheit, lediglich Bildinhalt. Der alleine ist nicht gründend. Lassen wir das alles beiseite.

[Das Wiederzugebende unterliegt der Vergegenständlichung, den formenden, subordinierenden Momenten bildnerischer Sprache. Jene Inhalte, die […] als dargestellte uns gegenübertreten, wären […] noch nicht die Idee des Bildes.]
Mag sein, dass in Kunstwerke Zeichen erkennbar eingelagert sind, Porträts flüchtiger Bekanntschaften, die Landschaft der Annapurna, doch das Wesentliche ist das über das direkt Lesbare Hinausgehende, welches auf nichts weiter mehr verweist. Das Kunstwerk als solches kennt kein bezogenes Abwesendes, diesbezüglich kann nicht von gewährtem Aufschub, wie bei gewöhnlichen Zeichen, gesprochen werden. Es existiert nur als sublim Präsentes – (in seiner Totalität) Unableitbares.

Sein erzählendes Element, als Komponente einer Bildwerdung, tritt gegenüber dem Gesamtphänomen zurück. Zwar werden, wie erwähnt, dabei grundlegende Verhaltensweisen von Impulsumwandlung und Zeichenbildung, die Vokabulare gesellschaftlicher Form- und Wertskalen einbezogen, jedoch ist das Kunstwerk nur in seiner kompositionellen Singularität, wenn das Kodierte destabilisiert und umgeformt wird, möglich. Bildende Kunst ist Aufhebung gesellschaftlicher Übereinkünfte, subversiv, frei.“36

„Als veranschaulichende [von Inhalten] wirkt Kunst ambivalent, oft ironisch. […] Deutungen bleiben offen, lösen sich wieder. Subjektive Begegnungen führen in Bereiche, die in den Werken nicht mehr nachweisbar sind. Selbst Appelle auf Bekanntes bedeuten nur eine etwas feinere Ausrichtung der Vorstellungstätigkeit. Der unstrukturierte Raum der Deutungsgestaltung ist geringfügig enger. So können sich Konnotationen auch negativ verdichten, tilgend wirken, […]. Immer kann in neuer Weise assoziiert werden.
Zeichengenerativ heißt eine der wenigen klar feststellbaren Eigenschaften eines Kunstwerks, nämlich verführende, für die Imagination des Publikums, dessen Zeichenerzeugung permanent fördernde Fähigkeiten zu besitzen.“37

Beispielsweise „bezieht, […] Malerei als Ganzes verinnerlichte Maßstäbe, Sehgewohnheiten und Erfahrungen der Betrachter in ihre Kompositionen (bewusst oder unbewusst) mit ein, kann auf deren Assoziations- und Projektionstätigkeiten nicht verzichten, schon gar nicht sie vermeiden. Das Wort „Malerei“ teilt mit, dass wir nicht über eine Ansammlung kruder Materie sprechen, sondern im Gegenteil, es bedeutet, mit Zuordnungsfunktionen der Wahrnehmenden zu rechnen, zu arbeiten, damit Wirkungsweisen zu erzielen.
Die Paradigmen stellen ein Konstitutiv der Kunsterfahrung dar, eine antizipatorische Ausrichtung, der gegenüber sich ein Werk indirekt abbildend verhält.
Diese grundlegende Orientierung (auch einer als „ungegenständlich“ bezeichneten Malerei) hin zu einem betrachtenden Gegenüber, ist jener Unterschied, der nicht übersehen werden darf. Weshalb von einer völlig anders gelagerten Sachkategorie zu sprechen ist, als beispielsweise Objekte der Natur, wenn diese von uns zu Wahrnehmungsgegenständen erkoren werden.
Damit zeigt sich: ein Kunstwerk trägt besagte zeichenerzeugende Kraft in sich, kommt so dem Bewusstsein stimulierend entgegen. Hinzuweisen, dass damit Grundlagen des Sehens und seiner Verarbeitung, nicht Aspekte eines Geschmacks zu verstehen sind.“38

So „können wir innere Gesetzmäßigkeiten beachten, die etwas ganz anderes entwerfen als gesellschaftliche Regeln, Kristallisationen historischer Entwicklungsprozesse, welche bildende Kunst als solche bestimmen. Dort gründet ihre Freiheit. Nach diesen Möglichkeiten muss alles andere sich einordnen.

Mit den aufgeworfenen Fragestellungen verabschieden wir die allgemein anerkannte Idee, es handle sich um eine jetzt nicht weiter im Detail zerlegte Übereinkunft, eine Art spieltheoretische Abmachung der Gesellschaft, Kunst als Ergebnis einer sozialen Bestimmung, einer Form von Anerkenntnis durch zumindest Teile einer Gesellschaft zu verstehen.

Wäre sie diesen gegenüber tatsächlich abgeleitet, erübrigte sich eine Erörterung ihrer Freiheit. Sie reduzierte sich dann nur auf Dienstbarkeiten, jedenfalls rückführbar auf Methoden der Vereinnahmung, Nutzung und Gefälligkeit.

Obwohl zumeist ihre Grundbedingungen selbst gewählt werden, ja prinzipiell alles sich als Stoff ihrer Verwandlung eignet, ist nicht die Freiheit für „etwas“, entscheidend, (dieses Beliebige ist noch nicht frei), sondern entscheidend ist, frei zu sein von äußerer Bestimmbarkeit, [und lediglich dem inneren Wesen der Kunst verpflichtet zu sein]. In dieser Weise ist ihre Freiheit ein politisches Moment, verdient Hervorhebung.

Als Schöpfung zwar künstlich, letztendlich sich selbst hervorbringend, damit den intentionalen Ausdruckswillen des Künstlers überragend, ist Kunst autonom, nicht nur gegenüber den Ordnungen der Gesellschaft. Der hier proklamierte Kunstbegriff einer Verlebendigung setzt an am Prozess der Werkschöpfung.

Was wäre die Tätigkeit des Künstlers anderes als innere Suche, der permanente Versuch einer Antwort auf die Frage, was Kunst ist, nach ersten Grundentscheidungen, ein Befragen des im Aufbau befindlichen Werks, was es bedarf, um zu wachsen, sich entwickeln zu können? In diesem Verlauf zunehmender Komplexität werden die Bahnen der Gestaltungsoptionen graduell immer enger. Das heißt, der künstlerische Bildungsvorgang wird von frühphasigen und grundlegenden Aufbauabschnitten dominiert, die optionalen Konsequenzen unterliegen innewohnenden kompositionellen Gesetzmäßigkeiten. Gewissermaßen übernimmt das Kunstwerk selbst progressiv seine weiterführende Entwicklung. In diesen Bereichen endet stufenweise die Freiheit des Künstlers zu Gunsten jener des Kunstwerks.

Der Künstler, das ist den meisten völlig klar, führt dann weder seinen persönlich-anarchischen Ausdruck mehr frei ins Bild noch [eine] einfache Komplettierung, ein technisch-planvolles Handeln aus, sondern setzt Forderungen der prozessualen Struktur um.40 Es kommt darauf an, wie tief Schaffende in die bewegenden Mechanismen der jeweiligen Ausdrucksweisen ihres Materials eindringen können. Sie bilden ihr Wollen. Kein Erlerntes sichert. Ihr individueller Wille erstickt (sieht zu, als erster Betrachter). Bis zum Moment des Hervorgehens einer bildsprachlichen Existenz, dem kompositionellen Verschmelzen der Elemente, wo das Werk Lebendigkeit vermittelt, wenn es spricht, dass es abgeschlossen ist.

Dies auch dann, wenn künstlerische Arbeitsmethoden zu dieser, lediglich als Schema zu verstehenden Zeichnung, variieren, wenn etwa Spontanität, prozessualer Zufall in der Komposition im Vordergrund stehen. Letztlich kommt es doch zur Selektion. Allerdings nur, wenn die Synthese des Werks, sein Zweck nicht verlassen wird. Der Vorgang als Vergnügen nimmt keine spezifische Richtung. Erst die tiefe Verbindung von künstlerischer Idee und materialem Ausdruck kann einen geistigen Gegenstand hervorbringen. Sie bewahrt vor oberflächlicher Rhetorik. Wem diese Abläufe fremd, dem fehlt Entscheidendes, dem bleibt lediglich äußerer Glanz.“39

2022 © Herwig Steiner (1956L)

1: Der Begriff, der Kürze halber im Textverlauf manchmal verwendet, steht für jenen umfassend wie offen gedachten der bildenden Kunst.
2a/2b: Herwig Steiner (1956L), Kunst der Attrappe, Andreas Manak (Hg.), Friedrich J. Reif-Breitwieser (Hg.), Passagen Verlag Wien, 2019, S.31
3a/3b: ebd.
4: ebd. S.29
5: Ein populäres (wissenschaftstheoretisches) Schlagwort, eingeführt vom Philosophen Paul Feyerabend, welches auch im Bereich bildender Kunst für die Beliebigkeit stilistischen Ausdrucks (in der Postmoderne) verwendet wird.
6: Kunst der Attrappe S.29-30
7: Kunst der Attrappe S.31
8: Nathalie Sarraute; Tropismes, Roman, dt. Übersetzung: Tropismen, Max Hölzer, Klett – Cotta, 2004 S.8 aus: Kunst der Attrappe S.39
9: Jean Paul Sartre, Vorwort zu: Nathalie Sarraute, Portrait eines Unbekannten, Roman, dt. Übersetzung, (gekürzte Ausschnitte, Bearbeitung, Paraphrase) aus: Kunst der Attrappe S.39
10: ebd. S.31
11: ebd. S.39
12: ebd. S.48
13a: ebd. S.21-22
13b: ebd. S.23-24
14: Herwig Steiner, T2V1 (Ausschnitte, gekürzt), 1996, teilveröffentlicht in: Andreas Manak (Hg), Herwig Steiner, Gesetz und Verbrechen, Passagen Verlag, Wien 2007, S.215; gesamter Text dargestellt unter:
Pre-Print: © Herwig Steiner 231 / dt / 2 / 2002 / 2-teilig / computergenerierter Print / mehrlagig / Folie auf Platte /Acrylglas / 280x202cm; Sammlung Niederösterreichisches Landesmuseum; (Abb. in: Gesetz und Verbrechen, Wien, 2007, Passagen, S.201)
15: Kunst der Attrappe S.11-12
16: ebd. S.37
17: ebd. S.12
18: ebd. S.11
19: ebd. S.41
20: ebd. S.99 Anm.33
21: Lucas Gehrmann im Gespräch mit Herwig Steiner. Attrappen, Pre-Prints, erweiterete Malerei. in: Herwig Steiner Gesetz und Verbrechen, S.47
22: Kunst der Attrappe S.47
23: ebd. S.13
24: ebd. S.99-100 Anm.33
25: ebd. S.12-13 sowie tlw. S.95
26: ebd. S.100 Anm.33
27: ebd. S.57
28: ebd. S.73-74
29: ebd. S.100 Anm.33
30: ebd. S.58
31: ebd. S.100 Anm.33
32: ebd. S.24
33: ebd. S.49
34: ebd. S.25
35: ebd. S.27
36: ebd. S.26
37: ebd. S.27
38: ebd. S.68
39: ebd. S.27-29
40: Schaffensprozesse sind so vielfältig wie ihre Ergebnisse und die Persönlichkeiten, die sie ausführen. Hier jedoch wird aus einer inneren Perspektive versucht, die unterschiedlichen Areale künstlerischer Aufmerksamkeit für jene darzustellen, die solche Erfahrungen nicht besitzen.
Dabei spielt die, in diesem Text skizzierte Kunstauffassung eine entscheidende Rolle. Kunst spiegelt die Grundlagen menschlichen Bewusstseins. Sie reagiert auf deren kognitive und wahrnehmungsverarbeitende Fähigkeiten. Ein daraus spezifisch entwickelter geistiger Gegenstand entfaltet sich nur gemäß der ihn konstituierenden Gesetzmäßigkeit. Dem kann nichts von außen hinzugefügt werden.
Der Ausdruckswille der Schaffenden ist daher nur Beginn und eben nicht sein dekretorisches Ende. Er ist zumeist verbunden mit einer gewissen Vorstellung und Erfahrung, verbunden auch mit einer vorläufigen Auswahl der Materialien und Elemente. Die Künstler verfügen darüber zunächst frei. Sie setzen den Prozess in Gang. Ab einem gewissen Kompositionsfortschritt jedoch kommt es zum Dialog mit dem schon Aufgebauten. Auch das wieder Löschen oder teilweise Löschen kann dazu gehören. Jedenfalls wird im Verlauf der optionale Gestaltungsspielraum stufenweise geringer und die schon gesetzte Struktur bildet mehr und mehr den Vordergrund künstlerischer Auseinandersetzung. Das nun ist weit entfernt von einer rein technischen oder handwerklichen Ausführung der ursprünglichen Vorstellungen. Die freie Setzung nimmt dabei stark ab. Ihr Wille bleibt dann verhalten. Die kognitive Orientierung muss sich den Forderungen der formenden, subordinierenden Prinzipien bildnerischer Sprache immer mehr zuwenden. Denn nur dies ist die einzige und alles andere beherrschende Idee, die Kunst selbst. Die Wege dahin bleiben entscheidende Herausforderung. Tritt das damit zitierte Lebendige hervor, setzt sich sein materialer Ursprung in den Hintergrund.

Die hier nur angedeuteten Strukturen gelten lediglich im Bereich komplex gestalteter Kompositionen. Bei Herangehensweisen, die mehr der Spontanität oder dem Zufall verpflichtet sind, die in einem Guss erfolgen, werden sie gebündelt. Dann werden die Anforderungen zumeist seriell erarbeitet. In jedem Fall erfolgt immer wieder zwischendurch ein selektives Zurücktreten quasi als erster Betrachter.

Lektorat: Peter Zawrel

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